Verwandlung von Unglück in Freude

Purim sieht aus wie Fasching, es klingt wie Karneval – aber der Anlass ist ein sehr ernster. Das biblische Esther-Buch erzählt vom Leben der Juden in Persien. Am Ende eines halbjährigen Gelages verstößt König Achaschwerosch seine Ehefrau, weil sie sich weigert, für seine betrunkenen Gäste zu tanzen. Nach einer aufwändigen „Miss-Wahl“ erkor er die Jüdin Esther zu seiner neuen Frau, weiß aber nichts von ihrer Herkunft, denn auf Geheiß ihres Onkels Mordechai verschweigt sie diese. Die Geschichte beginnt wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, aber schon bald fällt ein schwerer Schatten auf die Juden des persischen Großreichs. Des Königs Premierminister, Haman, fühlt sich zutiefst gekränkt, weil der Jude Mordechai nicht vor ihm niederkniet. Er sinnt auf Rache und beschließt, „zu vertilgen, zu würgen und zu vernichten alle Juden, von jung bis alt, Kinder und Frauen an einem Tag (…) und ihre Habe zu plündern“ (Esther 3,13). Das Los („Pur“) bestimmt den 13. Adar als den für dieses Massaker vorgesehenen Tag.
Als Mordechai Königin Esther auf dieses mörderische Vorhaben aufmerksam macht, schmiedet sie einen Plan, mit dessen Hilfe sie Haman zu Fall bringt. Am für Mordechai vorgesehenen Galgen wird nun er selbst hängen. Die Gefahr ist abgewendet: Die Juden sind gerettet, zum neuen Premierminister wird Mordechai ernannt, Esthers Zugehörigkeit zum jüdischen Volk ist nun allen bekannt. Gegen Ende des Esther-Buches wird angeordnet, fortan den 14. und den 15. Adar zu feiern als „Tage, an denen die Juden Ruhe fanden vor ihren Feinden, und zu halten den Monat, der sich ihnen verwandelte von Unglück in Freude, von Trauer zu einem Feiertag, als Tage des Festgelages und der Freude, einander Gaben zu schicken und den Bedürftigen Geschenke“ (Esther 9,20-22).
Bereits im biblischen Buch werden die vier wesentlichen Purim-Bräuche festgelegt: Das Verlesen der Esther-Rolle, das Abhalten einer Festmahlzeit, das Senden von Gaben an Freunde und Nächste und das Geben von Geschenken an Arme. Verkleidet wurde sich zunächst noch nicht. Das wurde sich wahrscheinlich von den katholischen Nachbarn abgeschaut. So erinnert das Purimfest an den Karneval, zumal auch dieses Fest durch ausgelassenes und lautes Feiern in den Straßen gekennzeichnet ist.
„Gefeiert wird das Fest als triumphaler Sieg über den Antisemitismus – wohlwissend, dass historisch viel zu selten dem mörderischen Judenhass Einhalt “, sagt Rabbinerin Dr. Ulrike Offenberg. „Wir aber bekräftigen dabei unsere Zugehörigkeit zum Judentum und geben uns einmal im Jahr der Illusion hin, dass mit der Bestrafung einzelner Täter auch der Antisemitismus beseitigt wäre.“ Wer mehr wissen möchte über das Purimfest, findet weitere Informationen unter https://www.juedisch-beziehungsweise-christlich.de/.