Städte und Netzwerk unterzeichnen Charta zur Betreuung Sterbender

HERNE – Seit 2010 setzt sich die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ für Frauen und Männer ein, die aufgrund lebensbegrenzenden Erkrankung mit Sterben und Tod konfrontiert sind. Seit dem 6. November 2019 gelten die fünf Grundsätze der Charta offiziell auch in Herne und Castrop-Rauxel.
Bei der Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Palliativnetzwerkes Herne, Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel am 6. November im wewole Forum haben der Herner Sozialdezernent Johannes Chudziak in Vertretung des Herner Oberbürgermeisters und Schirmherrn Dr. Frank Dudda, Castrop-Rauxels Bürgermeister Rajko Kravanja und Netzwerkvorsitzende Karin Leutbecher, Koordinatorin des Ambulanten Hospizdienstes in Herne, das Dokument unterzeichnet. „Mit dem gemeinsamen Bekenntnis zur Charta setzen wir erstmals städteübergreifend ein eindeutiges Zeichen, dass wir gemeinsam noch mehr für die Versorgung der Menschen am Lebensende tun wollen“, sagte Leutbecher.
Im Namen der Stadt Castrop-Rauxel dankte Bürgermeister Rajko Kravanja dem Palliativ-Netzwerk Dank für seine Arbeit. „Dem Palliativ-Netzwerk ist es gelungen, diese Themen in den beiden Städten aus der Tabuzone in die Mitte der Gesellschaft zu holen“, sagte Kravanja in seinem Grußwort. Nach einem persönlichen Verlust innerhalb der Familie sei ihm als Vater von zwei kleinen Kindern zudem klar geworden, dass die Beschäftigung mit dem Tod so früh wie möglich beginnen müsse, am besten bereits im Kindergarten. „Ich wünsche mir, dass das Palliativ-Netzwerk sein Engagement in Zukunft auch auf diese Fragen ausweiten kann.“
In ihrem Festvortrag betonte Dr. Gerlinde Dingerkus von ALPHA Westfalen, einer Ansprechstelle des NRW-Gesundheitsministeriums für Palliativversorgung, Hospizarbeit und Angehörigenbetreuung, die Bedeutung einer gelingenden Netzwerkarbeit. An der Gründung des Herner Netzwerks war Dingerkus durch die Initiierung des Runden Tisches bereits 2008 als „Geburtshelferin“ beteiligt und blieb der Initiative seitdem stets eng verbunden. Für ebenso berührende wie heitere Momente sorgte die Bochumerin Maria Wolf, Schauspielerin am „Zeitmaul“-Theater, mit ihrer Lesung aus dem Roman „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“. Darin beschreibt die Berliner Autorin Susann Pásztor („Ein fabelhafter Lügner“), die sich selbst als ehrenamtliche Sterbebegleiterin engagiert, Szenen der ambulanten Hospizarbeit. Musikalisch begleitet wurde das Programm vom „Salonensemble Cantabile“ aus Herne.
Abgerundet wurde der Abend nach dem offiziellen Teil von einer ganz besonderen Einladung. Auf Pinnwänden im wewole-Foyer präsentiert sich die aus den USA stammende Aktion „Before I die“ in ihrer deutschen Übersetzung „Bevor ich sterbe, möchte ich unbedingt.“ Dabei handelt es sich um eine Kunstaktion, die 2011 begann und seitdem um die Welt zieht. Auslöser war ein persönlicher Verlust der Künstlerin Candy Chang aus New Orleans und ihr Versuch, Menschen daran zu erinnern, was wirklich zählt. An die Mauer eines leerstehenden Hauses pinselte Chang mehrmals untereinander die Frage „Before I die“. Schon am nächsten Morgen war die Wand über und über mit Notizen, Wünschen und Fragen übersät. Mittlerweile wurde „Before I die“ von vielen Tausend Menschen beantwortet: nachdenklich, empathisch, lebensfroh und oft sehr, sehr lustig. Die Festgemeinde wurde aufgerufen, ihre persönlichen Antworten auf Moderationskarten an die Pinnwände zu heften. Die ersten Kärtchen hängen bereits – ausgefüllt von den ehrenamtlichen Sterbebegleitern der ambulanten Hospizdienste.