Musik aus vier Epochen als Festtagseinstimmung

HERNE – In dem mit drei Weihnachtsbäumen festlich geschmückten Kirchenraum hatten sich wie jedes Jahr unzählige Zuhörer eingefunden, um sich durch das Weihnachtskonzert des „Jungen Chors Herne“ auf die weihnachtlichen Festtage einstimmen zu lassen. Und sie wurden nicht enttäuscht: Die mit viel Engagement Musizierenden begeisterten mit schönen Chorstimmen, hervorragenden Instrumentalisten und ausdrucksstarken Solisten, geleitet von Andreas Krabs, dem man die Freude an der Musik anmerken konnte.

Die vier Werke, die zur Aufführung kamen, stammten aus unterschiedlichen Zeiten. In der fünfstimmigen Motette „Übers Gebirg Maria geht“ von Johannes Eccard (1553-1611) zu Beginn wird in der ersten Strophe der Besuch der schwangeren Maria bei ihrer mit Johannes dem Täufer schwangeren Base Elisabeth besungen, was Maria zu ihrem großen Lobgesang auf Gott veranlasst, der den Refrain der drei Strophen bildet. Die zweite Strophe wendet sich an die Zuhörer, auch sie sollen nicht zu Hause bleiben, damit der Herr zu ihnen sprechen kann. In der dritten Strophe geht es um die irrende Welt, die sich selbst für groß hält. Als Besonderheit wurde zwischen den drei Strophen von den Solisten das Ave Maria vorgetragen und so die Bedeutung der Mutter Gottes für die Menschen unterstrichen.

Das zweiteilige Choralkonzert „Puer natus in Bethlehem“ von Michael Prätorius (1571-1621) mit gemischt lateinischem und deutschem Text ist musikalisch sehr interessant komponiert:  Dem solistischen Bericht von der Geburt Jesu schloss sich jeweils der temperamentvolle Jubelruf des Chores „Singet, jubilieret, triumphieret“ an, bevor zum Schluss jedes Teils Solisten und Chor gemeinsam in den Jubel „Ein Kind geborn zu Bethlehem, des freuet sich Jerusalem. Hallelujah“ nach einem alten Kirchenlied einstimmten.

In der Kantate „Vom Himmel kam der Engel Schar“ von Johann Schelle (1648-1701), einem der Vorgänger von Johann Sebastian Bach als Thomaskantor in Leipzig, wurde die Weihnachtsgeschichte nach dem lutherischen Weihnachtslied, dem die Darstellung des Evangelisten Lukas zugrunde liegt, erzählt. Musikalisch ist das Werk sehr abwechslungsreich gestaltet: Im ersten und letzten Vers liegt die Liedmelodie im 1. Sopran, die von den übrigen Chorstimmen musikalisch abgewandelt wird. Weil sie musikalisch bis auf den lautmalerischen Abschluss identisch sind, entstand so ein Rahmen, innerhalb dessen sich mehrere kompositorische Stile abwechseln. Die Verse 2 und 5 sind dem Solosopran anvertraut, dem jeweils eine Bestätigung durch den Chor folgt. Die alle erfassende Fröhlichkeit des 3. Verses unterstreicht der tänzerische Dreivierteltakt, musikalisch dargestellt von Schelle durch den motettischen Stil, bei dem alle Stimmen den Text in kleinen Fugatos vortragen. Sehr dramatisch kam der 4. Vers daher mit dem Text „Lasst zürnen Tod und Teufel“, bei dem die Liedmelodie im Bass liegt. Die Textzeile „Dem sei Trotz, der’s nicht lassen kann“ in Vers 5 mit den Trotz-Einwürfen des Chores erinnert an Bach.

Mit der Kantate „Freue dich, erlöste Schar“ für Solisten, Chor und einem mit Bläsern und Streichern groß besetzten Orchester von Johann Sebastian Bach (1685-1750) fand ein wunderbares Konzert seinen krönenden Abschluss. Inhaltlich ging es um die Bedeutung von Jesu Geburt für die Menschen und um Johannes den Täufer, den Herold des Heilands. Während der mitreißende Chorsatz „Freue Dich“ zu Beginn und am Ende des Werkes, instrumentiert mit drei strahlenden Trompeten, der puren Freude Ausdruck verlieh, konnten die drei Solisten in Rezitativen und virtuosen Arien, die Gott für seine Treue loben und dem dankbaren Menschen den Himmel in Aussicht stellen, zeigen, was sie technisch vermochten. So sang der Bariton Christian Palm sehr versiert und klanglich ausgewogen vom Kommen des lange angekündigten Johannes. Michaela Günter forderte die Gläubigen in ihrer von solistischen Oboen begleiteten Arie mit erstaunlichem Tempo zum Laufen auf, um den Heiland nicht zu versäumen. Denn, wie in der Bass-Arie zu erfahren war, erneuert Gott in Jesus seinen Bund mit den Menschen. Corinna Kuhnen schließlich sang mit glockenreinem Sopran von dem ungeduldigen Gläubigen, der endlich Gott einen Dankaltar errichten möchte.

Für das begeisterte Publikum gab es noch eine Zugabe, zu der sich die Sänger in der Kirche verteilten: So konnten die Zuhörer noch einmal der Motette „Übers Gebirg Maria geht“ mitten zwischen den Sängern lauschen.