Kammermusik um 1800 in der Christuskirche

Herne. Das Kammerkonzert am 14. April in der Herner Christuskirche war Werken für Flöte und Streichtrio gewidmet. Die Kompositionen von B. H. Crusell, A. Gyrowetz und F. Ries waren alle um 1800 geschrieben worden, also an der Schnittstelle zwischen klassischer und frühromantischer Musik, wobei deutliche Unterschiede herauszuhören waren: So erinnerte Crusells Werk schon etwas an den Romantiker Carl Maria von Weber, während Gyrowetz in seinem Quartett dem Klangideal von Joseph Haydns Musik folgte und Ries sich mehr an Ludwig van Beethoven hielt.

Daneben unterschieden sich die Quartette stilistisch auch dadurch, dass die Komponisten aus verschiedenen Gegenden Europas stammten. Bernhard Henrik Crusell (1775-1838) war als finnisch-schwedischer Komponist und hervorragender Klarinettist lange Mitglied der Hofkapelle Stockholm. Das ursprünglich als Klarinettenquartett (op.7) erschienene viersätzige Werk ist vom Komponisten selbst für Flöte umgearbeitet worden und trägt alle Merkmale einer virtuosen Komposition für ein Blasinstrument, die beim Spielen und Hören Spaß bereiten. Der langsame zweite Satz verzichtet auf eine eingängige Melodie als Thema, vielmehr ist es eine von Pausen unterbrochene auf- und absteigende Linie. Später wird diese Linie von immer dichteren Sextolen begleitet, die in eine unerwartete dramatische Steigerung münden. Dem rustikalen Menuett folgte abschließend ein spielerisches, technisch herausforderndes Finale in Sonatenhauptsatzform.

Das zweite Stück des Abends stammte von Adalbert Gyrowetz (1763-1850), einem tschechischen Komponisten, der aufgrund seiner langen Tätigkeit in Wien als Hoftheater-Kapellmeister eine eher klassische Kompositionsweise pflegte. Bei seinem dreisätzigen Quartett fiel aber auf, dass er den vier Instrumenten abwechselnd größere Soli zuwies, also die Flöte nicht immer das führende Instrument war, im Mittelteil des zweiten Satzes sogar ausschließlich in tiefer Lage eingesetzt wurde. Den Abschluss bildete ein fröhliches Rondo mit einem Thema, das ein wenig an böhmische Tanzmusik erinnerte.

Mit einem der sechs Quartette für Flöte und Streichtrio (Quartett G-Dur) von Ferdinand Ries (1784-1838) zum Schluss kam an Beethoven erinnernde Musik zum Erklingen: erster Satz mit langsamer Einleitung, sehr selbständig geführte Instrumente im schnellen Teil, ein zweiter Satz mit einem herrlich gesanglichen Thema und ein witziger letzter Satz, der mit seinen immer wieder neuen fugenartigen Anfängen der einzelnen Instrumente an eine wilde Jagd erinnerte. Ries hatte als aus Bonn stammender, ehrgeiziger Musiker ein sehr unruhiges Leben, da ihn die Zeitumstände (Französische Revolution, Napoleonische Kriege) zu vielen Ortswechseln gezwungen haben, so war er neben Wien in Paris, auf Konzertreise in Russland und in London, bevor er schließlich nach Frankfurt zog. Er war ein hervorragender Pianist und gefragter Dirigent, daneben ist er uns als Sekretär Beethovens und Mitherausgeber der biographischen Notizen über Beethoven bekannt.

Diese interessanten Kompositionen wurden von Brigitte Wilms (Flöte, auch Moderatorin), Gisela Röbbelen (Violine), Christian Dza (Viola) und Maria Leunig (Violoncello) mit viel Engagement, technisch brillant und klangschön vorgetragen, wofür sie vom Publikum sehr viel Beifall erhielten.

Brigitte Wilms, Gisela Röbbelen, Christian Dza und Maria Leunig (von links) musizierten in der Herner Christuskirche. FOTO: FW SIEPMANN