Herne. Singen ist gesund. Es stärkt das Immunsystem, die Atmung und – es macht glücklich. Das betonte Kreiskantor Wolfgang Flunkert am 9. September im Frauentreff der Petrus-Kirchengemeinde Herne. Zum Einsingen diente ein Lied aus dem Gesangbuch, das es in den 60er Jahren sogar in die Charts der Hitparade geschafft hatte: „Danke für diesen guten Morgen“. Die Melodie steigt mit jeder der sechs Strophen um einen Ton. Weiter ging es mit einem Lied, dessen Textgrundlage Psalm 119 ist: „Wohl denen, die da wandeln vor Gott in Heiligkeit“.
Im vierten Jahrhundert nach Christus begann Ambrosius, Bischof von Mailand, Hymnen zu schreiben. Als Beispiel nannte Flunkert das Lied „Verleih uns Frieden gnädiglich“. Es gibt eine Version im Gesangbuch mit dem Text von Martin Luther (1529). Die Melodie stammt aus dem neunten Jahrhundert. Der westfälische Kirchenmusiker Matthias Nagel hat auf den gleichen Text im Jahr 2006 eine moderne Melodie komponiert. Der Choral „Großer Gott wir loben dich“ gehe auf den Hymnus aus dem vierten Jahrhundert „Te Deum laudamus“ zurück, so der Kreiskantor. „Der Choral ist weltweit sehr bekannt und beliebt und wurde deshalb in viele Sprachen übersetzt.“
Im neunten Jahrhundert spielten in der Kirchenmusik die gregorianischen Gesänge eine große Rolle. Sie waren aber in lateinischer Sprache abgefasst und für die Gemeinde schwer zu singen. „Martin Luther war es ein großes Anliegen, dass die Gemeinde in ihrer Sprache mitsingen konnte“, so Flunkert. Dazu gehören die Gesangbuchlieder „Nun freut euch lieben Christeng‘mein“ oder „Ein feste Burg ist unser Gott“.
Von Kontrafaktur spricht man in der Kirchenmusik, wenn eine weltliche Melodie mit einem geistlichen Text unterlegt wird. 1971 brachte Cat Stevens mit seinem bekannten Song „Morning has broken“ die ersten drei Strophen eines Liedes von Eleanor Farjeon (1931) heraus´. Die Melodie entstammt einem gälischen Volkslied um 1900. Jürgen Henkys veröffentlichte 1987 einen geistlichen Text in deutscher Sprache. Das Lied fand damit Eingang in das Evangelische Gesangbuch, ins katholische Gotteslob und weitere Gesangbücher – auch beispielsweise in Österreich. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts schafften es auch neuere „Liebeslieder“ ins Gesangbuch. Es geht natürlich um die Liebe Gottes – „Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer“ oder „Ins Wasser fällt ein Stein“. Im Kirchenmusikjargon spricht man hier von NGL - „Neues geistliches Liedgut“. Der ebenso musikalische wie informative Abend klang aus mit dem Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius. BB
Interessiert folgten die Mitglieder des Frauentreffs der Petrus-Kirchengemeinde Wolfgang Flunkerts Ausführungen zur Geschichte des geistlichen Liedguts.
FOTO: BIRGIT BASTERT