Trio zelebrierte mehrere Zeitsprünge

Herne. Am 10. September war in der Christuskirche der Petrus-Kirchengemeinde Herne das Trio „Nel Vento“ mit Simone Hauprich (Klarinette), Katrin Steinfeld (Fagott) und Eri Uchino (Klavier) zu Gast. In wechselnden Besetzungen haben sie mit einem kurzweiligen Programm durch unterschiedliche Musikepochen geführt und auf diese Weise die historischen Musizierweisen und die klanglichen Möglichkeiten ihrer Instrumente verdeutlicht.

Eröffnet wurde das Konzert mit dem ersten Satz aus dem Trio op.11 von Ludwig van Beethoven, wahrscheinlich für den berühmten Klarinettisten Ludwig Bähr komponiert und original mit Violoncello besetzt, stilistisch an Mozart angelehnt.

Mit der Fantasia Nr. 5 von Bartolomeo de Selma y Salaverde (um 1600) für Fagott und Klavier gab es einen großen Sprung in die Vergangenheit zu einem Augustinermönch, der als Dulcianspieler (eine Vorform des Fagotts) und Fagottist Mitteleuropa bereiste und von 1628 bis 1630 als Fagottist in der Hofkapelle des Erzherzogs Leopold V. von Tirol in Innsbruck wirkte. Auch stellte er als einer der ersten in seiner Werkstatt Fagotte her. Die Fantasia ist ein flottes Stück, bei dem die Spieler sich wechselweise auch solistisch hervortaten und den Eindruck einer Improvisation entstehen ließen. Der Vortrag erforderte große Fingerfertigkeit für die zahlreichen Verzierungen und vor allem ausdrucksstarkes Spiel, was Katrin Steinfeld und Eri Uchino meisterlich gelang. 

Erneut gab es einen Zeitsprung, und zwar ins 20. Jahrhundert zu Pedro Itturalde Ochoa (1929-2020), einem spanischen Komponisten, der schon als Kind Klarinette und Saxophon spielte und Pionierarbeit leistete mit eigenen Ensembles, die versuchten, Jazz und Flamenco zu fusionieren. Die fünf ineinander übergehenden Stücke der Suite Hellenique für Klarinette und Klavier sind stilistisch eine Mischung aus griechischer Volksmusik und Jazz im seltenen 7/8-Takt, mal mit gleichbleibender akkordischer Begleitung als Rhythmusgeber zu melodiösen Linien in der Klarinette, mal liedhaft mit einfacher Begleitung – immer fesselnd und brillant gespielt.

Mit drei leider wenig bekannten Stücken aus op. 83 von Max Bruch (1838 Köln-1920 Berlin) folgte voluminöse spätromantische Musik. Das erste Stück „Rumänische Melodie“ ist ein zu Herzen gehendes, traurig wirkendes Stück mit typisch voller romantischer Klavierbegleitung und daraus hervortretenden Linien von Klarinette und Fagott. Aus virtuoser Klavierbegleitung im zweiten Stück stiegen die leidenschaftlichen Linien der Bläser heraus, dagegen huschte das witzige, spritzige dritte Stück eilig vorbei. In den Stücken wurde in besonderer Weise deutlich, wie gut die drei Musikerinnen miteinander harmonierten und als Einheit Musik machten.

Anschließend erklang das Nocturne op. 48,2 von Frederic Chopin (1810-1849), ein unbekannteres kurzes Werk, in das sich Eri Uchino nach eigener Aussage verliebt hatte. Und das hörte man: Es war ein Genuss wahrzunehmen, welche zarten Töne sie dem Instrument mit ihrem feinen Anschlag entlockte und welche dynamische Vielfalt sie zauberte.

Zwei Stücke für die beiden Bläser aus 20 „Posh Duets“ des englischen Komponisten und Posaunisten Brian E. Lynn (*1954), ursprünglich für Posaune und Fagott, schlossen sich an, rhythmische Stücke, die zum Mitwippen anregten.

Zum Abschluss erklang eine Originalkomposition für dieses Ensemble, ein Glücksfall, denn für diese Besetzung gibt es wenig Originales. Umso fröhlicher gestaltete sich dieser letzte Höhepunkt des Konzertes mit zwei Sätzen aus dem Trio Nr. 2 des kanadischen Pianisten und Fagottisten Bill Douglas (*1944). Die Musik wies breakähnliche Einschübe für die einzelnen Instrumente im sehr schnellen „Con fuego“ auf und ließ durch eine Kombination der tief spielenden Klarinette mit dem in höchsten Tönen schwelgenden Fagott ungewöhnliche Klänge im „Rondo Antico“ entstehen.

Der Abend war nicht nur eine sehr gelungene Mischung aus Klassik und Moderne, sondern begeisterte vor allem wegen der Spielfreude und Spielkunst der drei Künstlerinnen – und das bei Außentemperaturen von über 30 Grad in einem Kirchenraum ohne Klimaanlage. Das Publikum bedankte sich mit nicht enden wollendem Beifall und wurde noch mit einer Zugabe von Claude Debussy belohnt. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass dieses Konzert. / Eine Konzertkritik von Brigitte Wilms