Herne. „Wie hältst du’s mit der Kirche?“ Ein Ergebnis der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6) zeigt: 80 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder sehen die Notwendigkeit, dass ihre Kirche sich grundlegend ändern muss, wenn sie eine Zukunft haben soll. Das ist umso notwendiger, als dieselbe Untersuchung zeigt: Eine wachsende Zahl, inzwischen die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen, steht Religion gleichgültig gegenüber oder lehnt sie sogar aktiv ab. Für immer mehr Menschen ist die Kirche nicht mehr von Bedeutung, deshalb steigt die Bereitschaft zum Kirchenaustritt. Die Evangelische Kirche von Westfalen hat 2024 drei Prozent ihrer Mitglieder verloren, im Kirchenkreis Herne waren es mit 3, 2 Prozent sogar noch mehr.
„Weil die Kirchensteuerzuweisungen und die Höhe der Ausgaben infolge unseres Mitgliederrückgangs immer weiter auseinandergehen, steuert unser Kirchenkreis auf ein strukturelles Defizit zu. Deshalb ist es dringend erforderlich, in einem Strukturprozess Prioritäten und Posterioritäten zu benennen sowie zu entwickeln: „Wofür steht die Evangelische Kirche in Castrop-Rauxel, Herne und Wanne-Eickel? Warum ist sie für die Menschen, die hier leben, wichtig? Woran soll sie erkennbar sein? Was muss sie grundlegend verändern, wenn sie eine Zukunft haben soll?
Wie kann das erreicht werden mit den zur Verfügung stehenden Finanzen?“
Mit diesen Fragen eröffnete Superintendentin Claudia Reifenberger den Rahmen der Synodalen Versammlung, die als Videokonferenz am 8. April stattgefunden hat. Es geht darum miteinander auszuhandeln, wie wir Kirche sein wollen. Welche Inhalte und Themen sind wichtig, welche Form braucht es dazu und wie kann das, was wir machen, solide finanziert werden? In der Synodalen Versammlung wurden dazu die ersten Analysen und Handlungsspielräume zur Veränderung der finanziellen Lage des Kirchenkreises vorgestellt, die in einem breit angelegten Strategieprozess ermittelt und aufbereitet werden.
Den Strategieprozess, aufgesetzt mit dem Beratungsunternehmen 2denare, hatte die Synode im vergangenen November beschlossen. Ziel ist, dass die Synode mit der Aufstellung des nächsten Haushaltsplanes bereits konkrete Maßnahmen zur Konsolidierung beschließen kann.
Die Superintendentin stellte die Mitglieder der Strategiegruppe vor, die gemeinsam mit dem 2denare mit dieser Aufgabe betraut sind. Dazu gehören Laura Hoffmann (Presbyterin in der Kirchengemeinde Wanne-Eickel und Synodalälteste), der stellvertretende Verwaltungsleiter Marcus Horst, Pfarrer Arnd Röbbelen (Öffentlichkeits- und Schulreferent), Olga Schneider-Kiselman (Assistentin der Superintendentin), Anna Schröder (leitende pädagogische Fachberaterin), Ulrich Stückemann (Presbyter in der Kirchengemeinde Haranni, Synodalältester und Mitglied im Synodalen Finanzausschuss), Synodalassessor Pfarrer Hans-Paul Ullrich, Arno Wittekind (Pfarrer in der Paulus-Kirchengemeinde Castrop und Mitglied im Synodalen Finanzausschuss) und Daniel Schwedhelm (Pfarrer in der Kirchengemeinde Haranni und Mitglied im Synodalen Finanzausschuss).
Das Beratungsunternehmen 2denare sorgt für die Moderation der Strukturüberlegungen und die Zusammenstellung der Arbeitsergebnisse. Mit Thomas de Nocker und Steffen Hesping haben zwei Mitarbeiter an der Synodaltagung teilgenommen und mit ihren Impulsen die Diskussionen angeregt. Dafür gab es Möglichkeiten in Kleingruppen und im Plenum, aber auch durch das Umfragetool Mentimeter und den Chat. Die Synodalen hatten Gelegenheit, über die aufgeworfenen ganz grundsätzlichen Fragen zu diskutieren.
Im abschließenden Austausch wurde deutlich, dass viele Synodale zunächst über das Ausmaß der erforderlichen finanziellen Einschnitte und die Reformbedürftigkeit erschrocken waren und gleichwohl den Weg zu einer Neuausrichtung und Profilierung des Kirchenkreises Herne bei gleichzeitiger finanzieller Konsolidierung unterstützen. Auf ihrer Sommertagung am 17. Mai werden der Kreissynode Zwischenergebnisse des Strukturprozesses vorgestellt, bevor auf der Tagung am 15. November über die Neuausrichtung des Kirchenkreises Herne abgestimmt wird. AR
Superintendentin Claudia Reifenberger (hier während ihres Grußwortes beim Tag der Offene Tür des AHD) berichtete über den Strategieprozess im Kirchenkreis Herne. FOTO: GÜNTER MYDLAK