Herne. Im Rahmen des Filmforums der Volkshochschule hat die Filmwelt Herne am 27. Oktober den Film „Das leere Grab“ gezeigt. Der Film handelt von den Folgen der deutschen Kolonialzeit in Ostafrika. Für die Familie von John Mbano aus Tansania ist die Zeit des Deutschen Kolonialismus, die mehr als 100 Jahre zurückliegt, noch nicht beendet. Denn im Grab seines Urgroßvaters Nduna Songea Mbano fehlt dessen Schädel. Er wurde auf Anweisung deutscher Wissenschaftler in eine „völkerkundliche“ Sammlung nach Berlin gebracht, nachdem man Nduna als einen der Anführer im Maji-Maji-Krieg getötet hatte. Der Dokumentarfilm des deutsch-tansanischen Regieduos Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay begleitet die Afrikaner bei ihren Versuchen, die offenen Wunden der Vergangenheit zu schließen und die sterblichen Überreste ihres Vorfahren zurückzuholen.
Im anschließenden Filmgespräch machte die Historikerin Dr. Barbara Frey deutlich, dass die deutsche Kolonialzeit nicht harmlos war, sondern meist eine Zeit der brutalen Unterdrückung. Allein an der blutigen Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstands in Tansania, einhergehend mit der Verwüstung ganzer Landstriche, führten zum Tode von etwa 300 000 Menschen in der deutschen Kolonie Ostafrika. Die deutschen Kolonien (offiziell Schutzgebiete genannt) hat sich das Deutsche Reich ab den 1880er Jahren angeeignet und nach dem Ersten Weltkrieg gemäß dem Versailler Vertrag von 1919 abgetreten. Die deutschen Kolonien waren 1914 das an Fläche drittgrößte Kolonialreich nach dem britischen und französischen.
Im Zuge der Kolonialkriege wurden zehntausende Schädel und Gebeine aus den Kolonien nach Deutschland entführt. Diese wurden in so genannten „rassekundlichen Instituten“ vermessen und sollten die Überlegenheit der Europäer „beweisen“. Bis heute lagern noch viele dieser Gebeine und Schädel in den Depots deutscher Museen und Archive, was die betroffenen Familien sehr schmerzt.
„Dieser Film zeigte sehr deutlich, dass die Nachwehen des Kolonialismus bis heute andauern und schmerzen“, so Markus Heißler von der Fachstelle Eine Welt des Kirchenkreises Herne. „Diese Folgen sind nicht nur seelisch und spirituell, sondern wirken sich auch in wirtschaftlichen und sozialen Nachteilen für die Nachkommen der damaligen Opfer aus; eine Wiedergutmachung steht bis heute aus.“
Die Veranstaltung war der Abschluss der Veranstaltungsreihe „Koloniale Kontinuitäten überwinden“ in Herne, die mit Ausstellungen, Vorträgen, Workshops und Theater auf dieses wichtige Thema aufmerksam machte. PP
Dr. Barbara Frey beim Filmgespräch. FOTO: MARKUS HEISSLER