Eine Kritik von Brigitte Wilms zum Konzert des Fagott-Quartetts mit Kerstin Heppener, Elke van Husen, Rolf Heller und Carola Wehrle in der Herner Christuskirche
Herne. Eine besondere Klangwelt haben zahlreiche Zuhörer beim Kammerkonzert in der Christuskirche der Petrus-Kirchengemeinde am 26. Mai erlebt, als das Ensemble QUARTETTO TRE A UNO mit Kerstin Heppener, Elke van Husen und Rolf Heller am Fagott sowie Carola Wehrle an der Bassklarinette Werke vom 16. bis zum 20. Jahrhundert zum Klingen brachten. Dazu gehörten der feierliche SchreittanzPavan aus einer Sammlung des franko-flämischen Komponisten Tylmann Susato (1510/15-nach 1570) oder das lebhaftere Ronde e Salterelle von Michael Praetorius (1571/72-1621). Letzteres war mit seiner tiefen Tonlage ein ungewohntes, besonderes Hörerlebnis. Das in der Renaissancezeit übliche Spielen in Chören, d.h. gleiche Instrumente in unterschiedlichen Tonhöhen wie Blockflöten- oder Gambenensembles, war zwar hier nicht möglich, aber da das Fagott bei einer Länge von 2,45 m einen sehr großen Tonumfang von drei Oktaven hat, waren die vier Stimmen gut voneinander zu unterscheiden.
Vom 16. bis 18. Jahrhundert gibt es nicht viele für Fagott bearbeitete Kompositionen, deshalb erklang von Antonio Vivaldi (1678-1741) aus seinen „Jahreszeiten“ zur Frühlingszeit der Herbst, präzise und klangschön vorgetragen, dem sich der feierliche Priestermarsch aus Mozarts „Zauberflöte“ (1791) anschloss.
Während im ersten Teil des Programms die Bassklarinette als viertes Fagott fungierte und die Tiefe verstärkte, prägte sie mit ihrem vollen, dunklen, schmelzenden Ton die durchweg bekannten Songs im zweiten Teil des Konzerts eindrücklich. Für ihr großes Solo in „Mr. Sandman“, dem populärsten Song von Pete Ballard von 1954, erhielt Carola Wehrle vom Publikum spontanen Extrabeifall. Überhaupt waren die zwischen 1927 und 1967 komponierten Stücke für diese Besetzung geschickt bearbeitet. Das Ensemble trug sie ansteckend und beschwingt vor, wobei immer mal ein anderes Instrument die Melodie zu spielen hatte. Darunter waren „Moon River“ von Henry Mancini, das bekannte Lied aus dem Film „Frühstück bei Tiffany“ oder „Probier‘s mal mit Gemütlichkeit“des Komponisten und Folksängers Terry Gylkinson, das er neben vielen anderen Songs für Walt Disney und dessen Film „Das Dschungelbuch“ komponiert hatte. Und natürlich waren auch die Beatles vertreten, und zwar mit der von Paul McCartney verfassten Ballade „Yesterday“ über eine gescheiterte Beziehung. Eröffnet wurde der zweite Teil des Konzertes mit „Ain’t She Sweet“, einem Song von Milton Ager (Musik) und Jack Yellen (Text) aus dem Jahr 1927 – ein Pop- und Jazzstandard, also ein Werk, das seine Stilrichtung überlebte und zum Repertoire der Jazzmusiker wurde. In Deutschland wurde dieser Song vor allem in der Version der Beatles sowie als Titelmelodie der „Knoff-Hoff-Show“, einer ehemalige ZDF-Sendung, bekannt. Es folgte der Song „Creole Love Call“, der sich zu einem Klassiker des Dixieland-Repertoires entwickelt hat und schnell in der ganzen Welt populär wurde. Im Sommer 1933, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, übernahmen auch die Comedian Harmonists das Stück in ihr Programm. Dieses langsame, von gleichmäßigem Rhythmus getragene Instrumentalstück, überzeugte besonders durch die ausdrucksstarken Soli der einzelnen Instrumente. Zum Abschluss präsentierte das Ensemble Gerhard Winklers Komposition „Capri-Fischer“, von der es zwar eine Aufnahme aus dem Jahr 1943 mit dem Tenor Rudi Schuricke gibt, die aber kurze Zeit später verboten worden war, als die Amerikaner Capri erobert hatten. Deshalb wurde dieses sehnsuchtsvolle Liebeslied erst nach dem Zweiten Weltkrieg weltberühmt. Damit ging ein Konzert zu Ende, das großen Spaß gemacht hat, auch weil Rolf Heller auf angenehme Weise moderierend durch das Programm führte. Für das unermüdlich klatschende Publikum gab es schließlich mit einem Potpourri aus den Kinderliedern „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, „Ein Männlein steht im Walde“ und „Kommt ein Vogel geflogen“ noch eine originelle Zugabe.