Einhaltung der Menschenrechte muss der Maßstab sein - Kommentar zum Weltflüchtlingstag von Katja Jähnel, Geschäftsführerin des Eine Welt Zentrums im Kirchenkreis Herne
Herne. Der Weltflüchtlingstag ist ein von den Vereinten Nationen eingerichteter Aktionstag, der seit 2001 am 20. Juni stattfindet. Seither wird an diesem Tag weltweit mit zahlreichen Aktionen auf das Schicksal der Flüchtlinge aufmerksam gemacht. Nach Angaben der Vereinten Nationen befinden derzeit fast 80 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt, Zerstörung und Hunger.
Die Situation in vielen Teilen der Welt wird auch weiterhin Menschen zur Flucht bewegen. Dabei hilft es auch nicht, wenn sich Europa, wie derzeit geplant, weiter abschottet. Die geplanten Schnellverfahren an den Außengrenzen und Rücküberstellungen, die verschärften Grenzkontrollen und die geplanten Migrationsvereinbarungen mit den Herkunftsländern zur Rücknahme der Flüchtlinge werden das Recht aus Asyl weiter aushöhlen.
Kinder können in Grenzverfahren kommen und damit de facto inhaftiert werden. Wenn Schutzsuchende die EU-Grenzen unregistriert überschreiten und z.B. in Deutschland ankommen, wäre auch hier die Anwendung von Grenzverfahren aktuell nicht ausgeschlossen. Auch für andere vulnerable Menschen gibt es keine generellen Ausnahmen vom Grenzverfahren.
In Europa ankommende Schutzsuchende können in Drittstaaten abgeschoben werden, die sie nie zuvor betreten haben – nur minimale Versorgung muss gewährleistet werden.
„Solidaritäts“mechanismus bedeutet, dass EU-Staaten können schlicht Geld an außereuropäische Drittstaaten zur Flüchtlingsabwehr zahlen. Eine verpflichtende Aufnahme von Schutzsuchenden durch alle EU-Staaten ist nicht vorgesehen. Die Praxis der Pushbacks wird eher zunehmen, denn die Verantwortung für die Ankommenden Schutzsuchenden bleibt bei den EU-Grenzstaaten.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Menschen sich trotz aller Widrigkeiten immer wieder auf den Weg machen, denn sie alle suchen nach ein bisschen Glück, nach Sicherheit und Frieden. Es wird zukünftig unter Umständen eine größere Anzahl Illegalisierter in unserem Land geben. Es wird aber ebenfalls für viele in der Heimat an Leib und Leben bedrohte Menschen keine Möglichkeit für ein gründliches rechtsstaatliches Verfahren mehr geben.
Im Hinblick auf den Weltflüchtlingstag appellieren viele Flüchtlingsorganisationen gegen den Abriss des deutschen Asylrechts. Die Deutsche Bundesregierung beschloss 2014, auf Initiative des Bunds der Vertriebenen, einen „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ einzuführen, den sie bewusst ebenfalls auf den 20. Juni legten, um an die historische Erinnerung auch Gegenwartsbezüge knüpfen zu können. Die steigenden Flüchtlingszahlen der vergangenen Jahre legten eine Verbindung nahe. Neben den weltweiten Opfern von Flucht und Vertreibung soll dieser nationale Gedenktag insbesondere an die deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen erinnern, die als Folge des Zweiten Weltkrieges ein solches Schicksal erleiden mussten.
Eingedenk dessen sollten die politischen Akteure von heute sehr genau prüfen, welche Folgen ihre Beschlüsse langfristig haben. Abschottung, Abschreckung und Vertreibung an und von den Grenzen können ebenso wenig die Lösung im 21. Jahrhundert sein wie Migrationsabkommen, sogenannte Rücknahmeabkommen, mit Ländern, die ihren Landsleuten demokratische Rechte absprechen und grundlegende Menschenrechte immer wieder ignorieren – kürzlich so geschehen mit dem Irak.
Das Recht auf Asyl ist ein verbrieftes Menschenrecht, das nicht ausgehebelt werden darf!
Lasst uns über all das nicht nur am Weltflüchtlingstag nachdenken, sondern an jedem Tag, an dem Menschen fliehen und woanders Schutz suchen. Die Einhaltung der Menschenrechte weltweit ist ein hehres Ziel, aber es darf nie aus dem Blickfeld geraten.