Klangvielfalt in der Christuskirche

Eine Kritik von Brigitte Wilms zum Auftritt von Andrea Knefelkamp mit dem Konzertakkordeon

Herne. Nicht häufig hat man die Gelegenheit, einen Abend mit einem Konzertakkordeon zu erleben und die enorme Klangvielfalt dieses Instruments kennenzulernen. Andrea Knefelkamp-West, stellte am 22. Oktober in der Christuskirche der Petrus-Kirchengemeinde Herne unter dem Titel „AKW – Akkordeon.Klang.Wunder.“ ein  interessantes Programm mit Werken vom 17. Bis 20. Jahrhundet vor, die mit Hilfe der zahlreichen Register des Akkordeons in den Klangfarben der unterschiedlichsten Instrumente zu hören waren.   

So erinnerte die Trumpet-Voluntary des Engländers John Travers (1703-1758), hauptsächlich bekannt als Organist der Chapel Royal und durch seine Freundschaft mit dem Komponisten Johann Christoph Pepusch, klanglich an eine kleine Orgel mit einem Zungenregister. William Hines (1687-1730) „Flute Voluntary“ klang wie das Register einer Rohrflöte, während die zweisätzige Sonate des Bach-Zeitgenossen Domenico Scarlatti oder die beiden Sonatensätze von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart auf einem Klavier gespielt zu sein schienen.

Drei Stücke französischer Komponisten, die Tiere imitierten, folgten: Zunächst erklang das Klavierstück „Der kleine weiße Esel“ von Jacques Ibert (1890-1962), dessen Schrei einem durch Mark und Bein ging. Ein beharrlich rufender Kuckuck in einem der wenigen überlieferten Werke von Louis-Claude Daquin (1694-1772), einem virtuosen Organisten und Cembalisten, schloss sich an, gefolgt von dem Stück „Das Huhn“ von Jean-Philippe Rameau (1683-1764), mit dem er eigentlich das Portrait einer eifersüchtigen Frau entwerfen wollte, deren Stimmung ständig wechselt.

Mit dem 1. Satz der C-Dur-Sonate von Aram Chatschachaturjan für Klavier begannen Werke, die das Konzertakkordeon in seiner ganzen Fähigkeit zu orchestralem Klang und den vielfältigsten Farben zeigten. Besonders beeindruckte dabei die Komposition des russischen Komponisten und Bajan-Spielers Wladimir Solotarjow (1942-1975), eine der wenigen Originalwerke für Akkordeon an diesem Abend. Solotarjow gilt als Begründer der modernen Musik für Bajan, der osteuropäischen Form des chromatischen Knopfakkordeons, und er trug maßgeblich dazu bei, dass das Instrument, das ursprünglich fast ausschließlich in der Folklore verwendet wurde, in die Konzertsäle kam. Zu hören war der 3. Satz aus seiner zweiten Sonate.  

Von Enrique Granados (1867-1916), einem spanischen Komponisten und sehr erfolgreichen Pianisten, erklang anschließend „Andaluza“ aus „Danza espanola“. Diese Komposition ist ein Beispiel für sein Anliegen, die spanische Musik aus dem Geist der Folklore zu erneuern: Zu einer fast durchweg akkordischen Begleitung als Rhythmus erklang eine zu Herzen gehende melancholische Melodie. 

Fehlen durfte an diesem Abend keinesfalls der argentinische Komponist und Bandoneon-Spieler Astor Piazzolla (1921-1991), der erst als Teenager zum Tango gefunden hat. Piazzolla holte den Tango aus den Tanzlokalen in die Jazzclubs und Konzerthäuser und schuf seinen Tango Nuevo mit vertrackten Rhythmen, was beim Stück „Triunfal“ gut zu hören war.

Mit dem virtuosen „Czardas“ Nr.1 von Vittorio Monti (1868-1922), meistens auf der Violine gespielt, verabschiedete sich Andrea Knefelkamp-West, eine sehr aktive Künstlerin aus Herne, bravourös. Und weil das begeisterte Publikum mit dem Applaudieren einfach nicht aufhören wollte, gab es noch zum Abschluss als Zugabe ein Stück von Edward Elgar, dem Komponisten, mit dem der Abend begonnen hatte.