Irischer Nachmittag in der Christuskirche

Herne. Am letzten Sonntag im September gab es in der Herner Christuskirche ein besonderes Konzert. Statt wie sonst klassischer Musik stand Folklore aus Irland und Schottland auf dem Programm. Zu Gast war das seit 2023 bestehende Ensemble „The Green Velvet“ mit Wolf Meyer, Glen Redgen, Olly Zicholl und Frank Dettke, die auf typisch irischen Instrumenten zwei Stunden lang derart mitreißend aufspielten, dass im fast bis auf den letzten Platz besetzten Kirchraum vor Begeisterung mitgeklatscht und sogar fröhlich geschunkelt wurde.

Es waren Flöten in unterschiedlicher Stimmung zu hören, teils aus Holz, aber auch so genannte Tin wistles aus Metall, deren Klang durchdringender ist. Eine große Zahl an unterschiedlichen Zupfinstrumenten kam ebenfalls zum Einsatz: Neben Gitarren, gezupft oder geschlagen, kam als Melodieinstrument auch ein viersaitiges Tenor-Banjo zu Gehör, dessen Saiten wie bei einer Geige gestimmt sind. Als eine weitere Besonderheit war auch die ursprünglich aus Griechenland stammende Bouzouki zu hören, äußerlich einer Mandoline ähnelnd, allerdings mit flacher Rückseite. Und bei einem Seemannslied sorgte eine Mundharmonika für die wehmütige Stimmung eines Seemanns, der ausfahren musste, aber seine Mutter nicht verlassen wollte. Für die elektrizierenden Rhythmus bei vielen Liedern sorgte die Bodhran, eine Rahmentrommel, deren Fell mit flinken Bewegungen eines Holzschlägels zum Klingen gebracht wurde.

Thematisch handelten die Songs vom Trinken, Kämpfen, von der Liebe oder vom Auswandern. Sie wurden auswendig gesungen und musiziert, was die Zuhörerinnen und Zuhörer unmittelbar in die Musik hineinzog. Die Texte waren oft recht derb, der Vortrag entsprechend rau, aber wenn der Schmerz beim Verlassen der Heimat beschrieben wurde, weil es an Nahrungsmitteln fehlte, konnte es auch durchaus schwermütig klingen. Eines der Lieder handelte von der Industrie des Landes, den Schloten und den Kraftwerken, eine Gemeinsamkeit zwischen Irland und dem Ruhrgebiet, wie bei der Erläuterung zum Lied betont wurde.

Auf amüsante Weise führten die Musiker in die Vortragsstücke ein, was das abwechslungsreiche Programm zusätzlich bereicherte. Neben einstimmig oder mehrstimmig gesungenen Liedern mit instrumentalen Zwischenspielen wurden rein instrumentale Tänze aufgespielt – ein schönes Beispiel war der Schnelligkeitswettbewerb zwischen Flöte und Geige, der unentschieden ausging.

Das Konzert schien nicht enden zu wollen, der Schatz an irischen Liedern aus der Vergangenheit ist wahrlich unerschöpflich. Trotzdem entstehen bis heute immer noch neue Kompositionen irischer Songs. Einer davon wurde vorgestellt, was deutlich macht, dass es beim Musizieren irischer Musik nicht nur um ein Wachhalten alter Tradition geht, sondern um eine noch heute lebendige Musik, die das Leben der Iren widerspiegelt.

Dem temporeichen Vortrag und dem ausgelassenen Gesang von „The Green Velvet“ konnte man sich nicht entziehen! Nicht nur das wunderbare Zusammenspiel faszinierte – bemerkenswert war vor allem das perfekte Unisonospiel zwischen Flöte und Violine –, sondern auch eine unglaubliche rhythmische Präzision. Das Publikum war hingerissen von diesem zweistündigen Musikerleben und wollte die Musiker nur ungern ziehen lassen! Es war in unvergesslicher Abend!

 

Die irische Band „The Green Velvet“ konzertierte in der Herner Christuskirche. FOTO: PRIVAT