Fesselndes Konzert mit Akkordeon und Harfe

„Feuer, Wasser, Erde, Luft“ – unter diesem Thema stand ein besonderes Konzert am 15. September in der Herner Christuskirche, das viele neugierige Besucher angelockt hatte. Zu Gast waren Ines Ringe (Akkordeon) und Kathrin Montero Küpper (Harfe), beide namhafte Künstler auf ihrem Instrument durch eine regelmäßige Konzerttätigkeit mit Orchestern, als Solistinnen oder in unterschiedlichen Kammermusikensembles. In der Kombination des heutigen Abends traten sie erst zum zweiten Mal im Konzert auf.

Zu Beginn spielte Ines Ringe drei Ausschnitte aus dem Zyklus für Harmonium „Auf verwachsenem Pfade“ des tschechischen Komponisten Leoš Janáček (1854-1928), in denen er die Wege an der Seite seiner früh verstorbenen Tochter Agnes musikalisch verarbeitet. Die an mährische Volksmusik erinnernden Stücke gestaltete Ines Ringe äußerst ausdrucksvoll mit sehr flexibler Dynamik und einem bezaubernden Klang ihres Akkordeons, einer Sonderanfertigung aus Italien mit fünf Chören (jeder Ton hat fünf verschiedene Klänge) und einem riesigen Tonumfang von sieben Oktaven.

Es folgte die „Erste Arabeske“ von Claude Debussy (1862-1918), 1888/91 für zwei Klaviere komponiert, hier von Kathrin Montero Küpper mit der Harfe virtuos interpretiert. Als Arabeske wird seit der Romantik ein Werk bezeichnet´, das einen bestimmten Charakter, aber keine festgelegte Form hat. Der Begriff stammt aus der islamischen Kunst und steht für sich rankende Verzierungen eines Ornaments, die Debussy musikalisch mit auf- und absteigenden Läufen beschreibt, perlende Glissandi über alle 47 Saiten auf der Harfe, mit großer Leichtigkeit und sehr elegant von Kathrin Montero Küpper dargeboten.

Mit „Scaramouche“ von Darius Milhaud (1892-1974) stand das erste gemeinsame Stück auf dem Programm, ursprünglich als Auftragskomposition für zwei Klaviere entstanden, die sich aber gut für andere Besetzungen eignet, wie Saxophon mit Orchester oder zwei Klarinetten mit Klavier, ein Arrangement auf Wunsch von Benny Goodman. Zugrunde liegt der Suite eine Schauspielmusik für die Komödie „Der fliegende Arzt“ von Moliere, die Milhaud in eine freie Fantasie verwandelte und mit Samba-Klängen enden ließ, die er seit seinem zweijährigen Aufenthalt in Brasilien lieben gelernt hatte. Ein fröhliches, temperamentvolles Stück, passend zum Titel „Scaramouche“, die Bezeichnung  ist eine Figur des italienischen Volkstheaters Commedia dell’arte, die den Typus des neapolitanischen Abenteurers und Aufschneiders verkörperte.

Klanglich passten die beiden akkordischen Instrumente Akkordeon und Harfe sehr gut zusammen, hoben sich aber auch gut voneinander ab, wenn sie sich in Melodie oder Begleitung abwechselten – eine gelungene, mitreißende Darbietung durch die phantastische technische Fertigkeit und das sichtbare Vergnügen der beiden Künstlerinnen.

Nach einer brillant gespielten Originalkomposition für Harfe des französischen Harfenisten Marcel Tournier (1879-1851), der mit seinen Kompositionen die technischen und harmonischen Möglichkeiten der Harfe wesentlich erweitert hat, erklang ein kurzer Tango, den Igor Strawinsky (1882-1971) 1940 in Amerika für Klavier schrieb, weil er Geld brauchte. Es ist ein gefälliges Stück mit dunkler Färbung nach dem Tod von Strawinskys Frau 1939, sehr wirkungsvoll mit dem Akkordeon darzustellen.

Den Abschluss des Abends bildete die Komposition „Sumergida“ (deutsch: Untergetaucht) des amerikanischen Komponisten Miguel del Aguila (*1957), von Ines Ringe nach einer Fassung für Flöte, Viola und Harfe arrangiert. Dem Werk liegt das Gedicht „Me at the Bottom oft the Sea“ zugrunde, in dem Tiere und Natur am Meeresgrund beschrieben werden, vielleicht eine Erklärung für die zahlreichen besonderen und überraschenden Effekte: So wurden Akkordeon und Harfe als Schlaginstrumente eingesetzt, die Klangfarben durch das Spielen in extremen Tonlagen oder durch Geräusche wie Surren der Harfensaiten, Glockenklang, zitternde Töne beim Akkordeon erweitert, dazu kam die Atonalität mit zahlreichen dissonanten Reibungen.

Durch das Programm führte auf unterhaltsame Weise Benedikt Buthe, der Ehemann der Akkordeonistin. Das Thema des Konzertes „Erde, Luft, Feuer, Wasser“ erklärte er so: Erde, weil die Füße der Musikerinnen auf dem Boden ruhen, Luft, weil sich in ihr der Klang in Wellen verbreitet, Feuer als Charakterisierung der brasilianischen Musik, die stilistisch auf die französische Musik nach 1900 stark eingewirkt hat und schließlich Wasser, das die Klangfarbe der Instrumente unter Wasser verzerrt, so dargestellt im letzten Stück. Es war ein begeisternder Abend, der sicher noch lange nachwirkt.

Ines Ringe (Akkordeon) und Kathrin Montero Küpper (Harfe). FOTO: FW SIEPMANN