Eine außergewöhnliche Nacht

Herne. Als Professor Dr. Chris Braumann, Chirurgischer Direktor des Evangelischen Krankenhauses Gelsenkirchen und des Evangelischen Krankenhauses Herne im Evangelischen Verbund Augusta Ruhr, das letzte Mal marokkanischen Boden betrat, bebte die Erde. Das war am 8. September 2023. Bei dem stärksten Beben in der Region, 75 Kilometer von Marrakesch entfernt, starben fast 3000 Menschen, unzählige wurden verletzt. Nun kehrte der Chirurg zurück nach Marokko, um sich erneut mit den Ärztinnen und Ärzten zu treffen, mit denen er damals so viele Stunden im Operationssaal verbracht hat.
Damals war Prof. Dr. Braumann mit seiner Lebensgefährtin Dr. Sina Vogel aus dem Katholischen Klinikum Bochum nach Marokko gereist, um ihr Patenkind Naima sowie die Kinder des Kindergartens „Afous Rofous“ im Atlasgebirge Marokkos zu besuchen. Doch als die beiden Mediziner das Ausmaß der Naturkatastrophe hautnah miterleben mussten, war ihnen sofort klar, dass sie helfen wollen. Nach anfänglicher Skepsis und Blick auf die Webseiten der deutschen Krankenhäuser, in denen Prof. Braumann und Dr. Vogel tätig sind, nahm das Ärzteteam der Clinique Internationale de Marrakech ihre Hilfe dankend an. Über zehn Stunden lang standen sie mit den marokkanischen Kolleginnen und Kollegen am OP-Tisch und versorgten schwerstverletzte Erdbebenopfer. Eine außergewöhnliche Nacht, die sie alle bis heute zusammenschweißt.
Eineinhalb Jahre sind seither vergangen. In der Zwischenzeit hielten Professor Braumann und der marokkanische Unfallchirurg Dr. Ameur Quaggag engen Kontakt. Entsprechend groß war die Wiedersehensfreude, als Braumann im März 2025 erneut nach Marrakesch reiste und die Klinik besuchte. „Es kam mir vor, als wäre ich erst gestern hier gewesen. Besonders habe ich mich gefreut, das gesamte OP-Team mit den gleichen Anästhesisten, Neurochirurgen und Chirurgen wie damals wieder zu sehen und mit offenen Armen empfangen zu werden“, berichtete der Chirurg, der von dieser Form der internationalen Zusammenarbeit begeistert ist.
„Die Kooperation fördert nicht nur einen internationalen fachlichen Austausch, sondern schärft auch den Blick für globale medizinische Herausforderungen und klinische Verantwortlichkeiten von Chirurgen weltweit“, so Braumann. Im Herbst dieses Jahres wird die Zusammenarbeit mit einer einwöchigen Hospitation beginnen: Unfallchirurg Dr. Ameur Quaggag wird nach Deutschland kommen, um Professor Braumann bei seiner täglichen Arbeit im EvK Herne und im EvK Gelsenkirchen zu begleiten. Dabei legt er besonderen Wert darauf, dass der Gast nicht nur zusieht, sondern auch im OP assistiert.

Prof. Chris Braumann und Dr. Sina Vogel mit Dr. Ameur Quaggag.

Prof. Chris Braumann und Dr. Sina Vogel besuchten auch den Kindergarten „Afous Rofous“. Hier gab es ein Wiedersehen mit Naima, die mittlerweile 21 Jahre alt ist. FOTOS: PRIVAT