Ein Eindruck vom Klangreichtum der Orgel

Herne. Was für eine Freude! Pünktlich zum „Orgeltag Westfalen“ (13. Juni) durften in den Kirchen nach über einem Jahr Pause wieder Konzerte vor Publikum stattfinden, wenn auch noch nicht vor vollen Kirchenbänken. Der Festtag begann in der Herner Dreifaltigkeitskirche mit einem Gottesdienst, der bereits ganz im Zeichen der Orgel stand: Liturgie, Lieder, zwei kurze Orgelwerke von Johann Sebastian Bach und eine Fantasie über das Kirchenlied „Du meine Seele singe“ zum Schluss verschafften den Besuchern mit interessanten Registrierungen einen ersten Eindruck vom Klangreichtum der Orgel.

Im Anschluss, nach einer kurzen Erläuterung zur Geschichte der Orgel, zu ihrer Funktionsweise und ihrem Einsatz, z.B. auch zur musikalischen Beschreibung bei Stummfilmen, veranstalteten die drei Organistinnen der Gemeinde, Kerstin Heppener, Jiyoung Kwak und Brigitte Wilms, ein kleines Konzert, das einen Einblick in die Orgelliteratur lieferte.

Im ersten Teil erklangen neben einfachen Stücken ohne Pedaleinsatz, wie z. B. einem Präludium von Jan P. Sweelinck, einem innigen Choralvorspiel über „Auf meinen lieben Gott“ von Johann N. Hanff, bei dem das Soloregister der Oboe Verwendung fand, auch deftige Stücke des 20. Jahrhunderts wie ein Präludium von Herbert Peter. Im Mittelteil wurden große Konzertstücke zum Vortrag gebracht, zunächst das Präludium in e-Moll von Nikolaus Bruhns. Besonders beeindruckte das Präludium in c-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy mit so zahlreichen Registerwechseln, dass eine Registrantin helfen musste, damit die Wechsel zwischen zarten Abschnitten und dem rauschenden Klang der Tutti-Orgel reibungslos gelangen. Der dritte Teil war den Stilrichtungen Pop und Swing gewidmet, wobei die erste Komposition, eine Bearbeitung des Liedes „Lob Gott getrost“, ein reines Pedalsolo war. Köstlich war eine Komposition, in der das Lied „Danke für diesen guten Morgen“ mit Motiven aus dem ersten Satz der „Kleinen Nachtmusik“ von Wolfgang A. Mozart verquickt war. Den krönenden Abschluss bildete das rhythmisch sehr anspruchsvolle Stück „Wait in the Water“ von Thomas Riegler, bei dem man sich nicht dem zwingenden Pedalorgelpunkt entziehen konnte.

Das Publikum war von der Vielfältigkeit ihrer Orgel sehr beeindruckt, aber auch davon, dass die drei Musikerinnen auf der Orgelbühne so einträchtig zusammengewirkt hatten.

Nachmittags folgte in der Christuskirche noch ein Konzert „Orgel plus“ – mit Flöten, Fagott und Gesang. Neben Kerstin Heppener (Altflöte, Fagott, Orgel), Jiyoung Kwak (Orgel) und Brigitte Wilms (Alt- und Querflöte, Orgel) wirkten als Gäste Lotte Berger (Sopran) und Paul Georg Dahl (Tenor) mit. Das Programm war abwechslungsreich gestaltet, auch wurde nach jedem Vortrag die Besetzung gewechselt. Zwei fröhliche Tänze für zwei Altflöten und Orgel von Johann Chr. Pez eröffneten den Reigen. Einen ersten Höhepunkt stellte die ausdrucksvolle Cantilene von Theodore Dubois für Querflöte und Orgel dar, der sich der klangvolle erste Satz der Sonate e-Moll von Georg Ph. Telemann für Fagott und Orgel anschloss, ein wunderbarer klanglicher Kontrast. Die Duette für Sopran und Tenor sowie Georg  Fr. Händels Arie „Süße Stille“ für Querflöte und Orgel entführten durch die Verbindung von Wort und Ton in eine  Kopf und Seele  umfassende Ruhe. Dagegen spiegelte das Variationswerk für Querflöte und Orgel von Günther Marks die reinste, überschäumende Spielfreude wider. Den gemeinsamen instrumentalen Abschluss eines kleinen feinen Konzertes bildeten zwei Sätze aus der Triosonate C-Dur von Johann J. Quantz, mit viel Gefühl und Temperament vorgetragen.