„Der Glaube braucht Dialog und Gemeinschaft“

Herne. Der dritte interreligiöse Dialogabend in der Reihe „Religion 2.0“ in der Herner Volkshochschule im Juni hat sich mit dem Wandel von Religion und Religiosität beschäftigt. Nur noch weniger als 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland gehört einer der christlichen Kirchen an. In Judentum und Islam gibt es keine der Kirche vergleichbaren Institutionen. Aber auch sie erleben, dass die Gesellschaft immer säkularer wird: Menschen wenden sich ab von der Religion ihrer Eltern. Traditionen, Gebete oder heilige Schriften, die Generationen getragen haben, werden nicht mehr weitergegeben.Gründe für den Austritt aus der Kirche sind vielfältig. Pfarrerin Katharina Henke ermutigte die Beteiligten zu erzählen: Die sehr persönlichen Schilderungen zum Austritt zeigen eine(enttäuschte) Abwendung von der Institution, aber nicht die Abwendung vom Glauben. Die drängenden, oft existentiellen Fragen nach Gott und einem verantworteten Leben bleiben.Viele Menschen scheinen in einer intensiven Suchbewegung.

Der katholische Pfarrer Norbert Walter erlebt jeden Austritt als schmerzhaft für die Gemeinde. „Der Glaube braucht den Dialog auch die Wärme einer Gemeinschaft“, sagte er. Kritisch wurde der alte Lehrsatz diskutiert „Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil!“

Welches Los erwartet denn die Religionslosen, die Atheisten? Eine Muslima: „Wir sollten über Gottes Wege nicht spekulieren und aufhören, wuchtige Steine auf andere Menschen zu werfen.“ Saniye Özmen, muslimische Theologin, erinnerte an die Vielfalt der Lehrmeinungen und Debatten, die es im Islam über Jahrhunderte gegeben hat. In alten Moscheen habe es neben der Kanzel vier Lehrstühle gegeben, um Vielfalt abzubilden. Das hätten die Muslime heute vergessen. Und der dringend erforderliche innerislamische Austausch unterbleibe heute leider auch. „Der Druck von außen ist zu groß“, sagte sie.

Dr. Michael Rosenkranz von der jüdischen Gemeinde erinnerte mit seinen Fragen an den Sinn, den Daseinszweck der Institution Kirche. „Es geht nicht um Selbsterhaltung“, sagte Katharina Henke, „sondern um Dienst, die Weitergabe des Evangeliums von der befreienden Liebe Gottes.“ So richte sich Kirche und insbesondere die Seelsorge stets an alle – unabhängig von der Kirchenzugehörigkeit. KH