Der Glanz vom Angesicht Gottes

Eine Weihnachtsbotschaft von Superintendentin Claudia Reifenberger

„Du musst dir schon selbst Glitzer in dein Leben pusten“. Da ist etwas dran, dachte ich, und pustete in den zurückliegenden Monaten ein bisschen: einen Sonntagsausflug bei Sonnenschein im März im Sauerland, das erste Mal wieder mit anderen im Gottesdienst singen, ein Essen mit Freunden, als sich wieder mehrere Haushalte treffen durften, das Glück über die gelungene Online-Buchung zweier Tickets für eine Ausstellung. Einen Kinobesuch. Glitzer. Was immer selbstverständlich war, das ist jetzt kostbar. „Du musst schon selbst Glitzer in dein Leben pusten“, statt auf das zu starren, was alles gerade nicht geht. Da ist was dran und dennoch merke ich: Glitzer, der reicht nicht für (m)ein Leben. Mich bewegen die Schicksale von kleinen Kindern und auch Jugendlichen, deren Möglichkeiten sich zu entfalten durch die Pandemie eingeschränkt sind – welche Folgen wird das für sie haben? Mich bewegen die Belastungen von Müttern und Vätern, die Überforderung und auch der Frust der Erzieher:innen und Lehrer:innen, die Unsicherheit der Alten, die Einsamkeit von Menschen, die Existenzangst der Jungen, die Überforderung der Ärzti:innen und des Pflegepersonals. Und mich bewegen die großen Fragen, wie diese Pandemie unsere Gesellschaft verändert und unsere Kirche auch. Mit ein bisschen Glitzer ist es da nicht getan und den noch selber pusten zu müssen, eine schiere Unmöglichkeit!
Und genau deshalb bin ich froh, dass Weihnachten wird. Ich bin froh für den Unterschied zwischen Glitzer und Glanz. Und dass ich nicht selbst dafür zuständig bin. „Beglänzt von seinem Lichte hält euch kein Dunkel mehr, von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her“, weiß der Choral in unserem Gesangbuch zu erzählen. Rembrandt hat es in seinem berühmten Bild so genau gemalt: der Glanz kommt vom Angesicht Gottes, der in der Krippe liegt. Die Gesichter der Hirten, die sich eingefunden haben, um zu sehen, ob es denn wahr ist, was zu ihnen gesagt war, werden von diesem Glanz erhellt. Gott selber sieht sie an, nimmt ihre Lebensgeschichte wahr und ihre Sorgen und ihre Angst auch. Sie werden später wieder gehen, zurück von der Krippe in ihren Alltag hinein. Was hat sich verändert? Äußerlich wahrscheinlich gar nicht viel. Aber innerlich. Ihr Leben ist beglänzt. Sie haben Ansehen. Gott selber sieht sie an. Die Sehnsucht nach Glanz im Leben, die Sehnsucht danach angesehen und wahrgenommen zu werden, sie wird an Weihnachten erfüllt. Wir dürfen an die Krippe treten und uns bescheinen lassen. Wieder neu. Und den Glanz mit in unseren Alltag nehmen, in unser Leben. Glänzende Weihnachten!