Weihnachtstüten statt Weihnachtfeier

WANNE-EICKEL – Es hat seit vielen Jahren Tradition, dass in der Adventszeit im Zeppelin-Zentrum eine Feier stattfindet, in deren Rahmen auch über die Arbeit von Beratungsstelle und Stadtteilzentrum berichtet wird. In der Vergangenheit kamen immer mehr als 100 Gäste, um sich zu informieren, der Andacht, weihnachtlichen Geschichten und dem Chorvortrag von Voices in Harmony zu folgen. Auch ein ökumenischer Gottesdienst – zusammen mit dem katholischen Arbeitslosenzentrum e.V. ALZ – musste auf Grund der steigenden Fallzahlen abgesagt werden.

„Viele der fast 70 angemeldeten Gottesdienstbesucher hatten sich darauf gefreut, Menschen wieder zu sehen, die sie das ganze Jahr über vermissen mussten“, sagte Dagmar Spangenberg-Mades, Geschäftsführerin des Zeppelin-Zentrums. „Ein kleiner Trost waren sicher die Geschenktüten, Lebensmittelgutscheine und Alltagsmasken, die später vor dem Zeppelin-Zentrum in Empfang genommen werden konnten.“

Über die Arbeit in 2020 informierte die Einrichtung diesmal in einem Weihnachtsbrief: Ab März sei viel weggebrochen. „20 Ehrenamtliche engagierten sich bis zu diesem Zeitpunkt in den Bereichen Küche, Café, Kleiderkammer, Hausmeisterei und Öffentlichkeitsarbeit. Sie erfahren durch ihren Einsatz im Zeppelin-Zentrum Anerkennung und Wertschätzung. Für die Alleinstehenden unter Ihnen sind der Austausch mit Kollegen und der Kontakt zu anderen Menschen sehr wichtig. Deshalb traf sich die Gruppe der Ehrenamtlichen vor der Pandemie regelmäßig zu Teambesprechungen, in denen auch Probleme offen angesprochen werden konnten, wo es aber auch immer darum ging, auf erfolgreich Geleistetes zurück zu schauen – im Jahr 2019 beispielsweise auf den gut angenommenen Stand beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund“, berichtete Spangenberg-Mades. Auf Grund der geschlossenen Kleiderkammer hätten die dort Beschäftigten nicht im vorher gewohnten Umfang eingesetzt werden können. Durch Reduzierung der Einsatzstunden und durch neue Aufgabenfelder (Küche, Telefonnetz, Reinigung) sei aber das gesamte Team der Ehrenamtlichen bestehen geblieben.

„Auch für die meisten Kunden und Besucher sind Kontakte und Begegnungsmöglichkeiten von großer Bedeutung“, so Spangenberg-Mades. „Viele der Besucherinnen und Besucher sind alleinstehend, und einige leiden unter gesundheitlichen und psychischen Belastungen.“ Dafür standen sonst der Mittagstisch, die Kleiderkammer aber auch Gruppenangebote mit Selbsthilfecharakter zur Verfügung. Darüber hinaus wurden Einzelgespräche angeboten. Einmal pro Jahr waren die Besinnungstage im Bergkloster Bestwig, die zusammen mit dem Arbeitslosenzentrum durchgeführt wurden, eine wertvolle Möglichkeit, Belastungen hinter sich zu lassen und wieder aufzutanken.

„Die Corona-Pandemie verschärfte aber auch die materielle Situation der Besucher beider Einrichtungen“, berichtete Spangenberg-Mades. Die Regelleistungen der Grundsicherungssysteme seien nicht bedarfsdeckend und hätten schon vor der Pandemie keine menschenwürdige Existenzsicherung erlaubt. „Im Zuge der Corona-Krise stiegen die Preise für Lebensmittel und Güter des tagtäglichen Bedarfs“, sagte sie. „Hinzu kamen Mehrausgaben für Hygieneartikel und Mund-Nase-Masken; außerdem brachen viele Unterstützungssysteme wie Tafeln, Kleiderkammern oder Lebensmittelausgaben von Gemeinden weg.“ Hier konnte das Zeppelin-Zentrum seinen Besuchern auch in der Krise Unterstützung anbieten. „Besonders erwähnenswert ist der Mobile Mittagstisch, der durch Mitarbeiter Christian Glasner und einem Teil der Ehrenamtlichen sofort nach der pandemiebedingten Schließung des Zentrums ins Leben gerufen wurde und auch weiterhin fortbesteht“, berichtete Spangenberg-Mades. „Dem warmen Mittagessen beigefügt sind zumeist aufbauende Geschichten oder kleine Rätselaufgaben; außerdem ist dabei von großer Bedeutung, dass ein persönlicher Kontakt gehalten werden kann, so dass bei Problemen weitere Hilfestellungen angeboten werden können.“

Das Zeppelin-Zentrum bekam für das Projekt Mobiler Mittagstisch Fördermittel des Landes NRW über das Ehrenamtsbüro der Stadt Herne für sein ehrenamtliches Engagement in Corona-Zeiten. Besonders freuten sich Besucher und Klienten von Zeppelin-Zentrum und Arbeitslosenzentrum zudem über das Geschenk von 280 Alltagsmasken, die ehrenamtlich unter der Regie der Änderungsschneiderei Teli von der Behrensstraße in Herne gefertigt wurden.

Für die Unterstützung der Menschen in ihren Sorgen und Nöten wurde ein Telefonnetz geschaffen, um sie zu stabilisieren und zu ermutigen, untereinander in Kontakt zu bleiben. Dies geschah und geschieht mit der Unterstützung von Pfarrerin Zuzanna Hanussek und der Ehrenamtlichen Bärbel Berghoff. Dankbar sind viele Besucher auch der Kirchengemeinde Wanne-Eickel, wo am Standort Röhlinghausen vor dem zweiten Lockdown die Möglichkeit gegeben war, Gruppenangebote mit Selbsthilfecharakter stattfinden zu lassen. Die gesamte Arbeit wurde dabei wie immer durch den Förderverein Maloche e.V. unterstützt.

Auch für die Beratungsstelle für Arbeitslose hatte die Corona-Pandemie einschneidende Folgen. In der Zeit des ersten Lockdowns konnte die Beratung nur kontaktlos über Telefon, Messengerdienste, Mail oder per Briefkasteneinwurf angeboten werden. Dies stellte insbesondere bei sehr komplexen Problemlagen eine große Herausforderung dar. Danach war unter Einhaltung der Hygienemaßgaben persönliche Beratung wieder möglich, da die Kirchengemeinde Wanne-Eickel einen großen Raum direkt neben der Beratungsstelle zur Verfügung stellte. Inhaltlich waren nun neben dem SGB II (Hartz IV) auch wieder stärker Fragestellungen zum SGB III (Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld etc.) von Bedeutung. „Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 986 Beratungen durchgeführt“, berichtete Spangenberg-Mades.

Das Zeppelin-Zentrum und das katholische Arbeitslosenzentrum Herne e.V. forderten einen Corona-Zuschlag für Hartz IV-Empfänger und die Ausstattung ärmerer Haushalte mit IT-Geräten für Home-Schooling und zur Kontaktaufnahme mit den Behörden. „Dies ist besonders deshalb wichtig, weil Grundleistungsempfänger in der Regel über keinerlei Ersparnisse verfügen, die es ihnen ermöglichen könnten, bei Auszahlungsverzögerungen oder Kürzungen einen gewissen Zeitraum mit Rücklagen zu überbrücken“, so Spangenberg-Mades. Beide Einrichtungen veröffentlichten Informationen zu rechtlichen Grundlagen und Neuerungen der Rechtslage durch die Pandemie im Internet. Darüber hinaus nahmen sie am bundesweiten Aktionstag im Oktober teil, wo die Forderung nach höheren Regeleistungen, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, im Mittelpunkt stand.

Ab 2021 wird die Arbeit der Beratungsstellen noch enger verzahnt werden. Beide bilden zukünftig im Rahmen der Förderung durch das Land NRW und des Europäischen Sozialfonds gemeinsam die neue Beratungsstelle „Arbeit für Herne“. Neben der Beratung von Erwerbslosen, von prekär Beschäftigten und von Armut betroffenen und bedrohten Menschen werden dann auch von Arbeitsausbeutung Betroffene, vornehmlich aus Südosteuropa, beraten. Damit werden zukünftig arbeitsrechtliche Fragestellungen stärker als bisher eine Rolle spielen. „Gemäß der Förderrichtlinien sollen auch für diesen Personenkreis Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten angeboten werden, so dass auch vor diesem Hintergrund zu hoffen bleibt, dass diese bald wieder möglich sind“, sagt Dagmar Spangenberg-Mades. DSM