Superintendentin Claudia Reifenberger zu Ostern 2021

An 16 Kirchen in Castrop-Rauxel und Herne sind Sie zu sehen, die Banner mit den Osterglocken, die sich dem strahlend blauen Himmel entgegenstrecken. ER-LÖST-LEBEN
Ein Bild voller Leichtigkeit. Es passt zum Frühling. Ein leichtes Wortspiel, das in die Tiefen des christlichen Glaubens führt.

Erlösung: Was bedeutet das eigentlich?

„Als die Kraft zu Ende ging, war´s kein Sterben, war´s Erlösung“ auf vielen Traueranzeigen steht dieser Satz. So deuten Trauernde, die zurückbleiben, den Tod eines Menschen, der zu ihnen gehörte. Ich erinnere mich an Trauergespräche, in denen das Wort vorkam, wenn Angehörige davon erzählten, dass ein naher Verwandter von Schmerzen, von langem Leiden, von den Begrenzungen erlöst wurde, die das Leben ihm auferlegt hatte. Erlöst, durch den Tod.

Tatsächlich ist es ein großer Trost, wenn uns im Leben die Hoffnung, ja, mehr noch, die Gewissheit trägt, dass uns jenseits der Schwelle des Todes die Erlösung zu einem neuen, heilen und guten Leben erwartet.

Erlösung aber ist noch viel mehr.

Im Alten Testament können wir nachlesen, dass Erlösung etwas sehr Handfestes ist.
Etwas sehr Greifbares. Erlösung ereignet sich im Leben der Menschen. Im 2. Buch Mose wird berichtet, wie Gott Mose ankündigt, dass er das Volk aus der Gefangenschaft in Ägypten befreien wird:

"Ich bin der Herr. Ich werde euch aus der Zwangsarbeit in Ägypten führen. Aus dem Sklavendienst werde ich euch befreien. Mit erhobenem Arm werde ich euch erlösen.“
(2. Mose 6, 6)

Und viel später lässt Gott sein Volk in der babylonischen Gefangenschaft wissen:
"Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst..." (Jes 43,1)

Die Hoffnung auf Erlösung aus Sklaverei und Gefangenschaft, aus Krieg, Hunger und  Verfolgung, die Hoffnung auf Erlösung von Krankheit und Seuchen, eben von ganz konkreten Bedrohungen des Lebens und die Erfahrung im Glauben, entwickelten eine so große Kraft, dass Menschen von der Gewissheit ergriffen wurden:
Gott ist treu. Und Gott ist groß. So groß, dass selbst der Tod diese Treue nicht aufhalten, nicht brechen kann.

In diesem Horizont der großen Hoffnung hat auch Jesus gelebt. Er hat deshalb keinen Erlösungsglauben gelehrt nach dem Motto: Seid auf er Erde brav, anständig und unauffällig, dann werdet ihr im Himmel belohnt. Es ist gut, sich darauf verlassen zu können, dass mein Leben nicht durch den Tod ausgelöscht wird, dass nichts vergeblich ist, was ich hier in diesem Leben tue und leide.
Aber worauf es Jesus viel mehr ankommt, ist die Erlösung von Ängsten und Zwängen, von Ausgrenzung von Egozentrik – und zwar konkret in diesem Leben. Wer sich Gott anvertraut, wird erlöst von der Sorge um sich selbst. Wird erlöst von dem Zwang, sich ständig abzusichern und seinem Leben selbst einen Sinn geben zu müssen. Wird erlöst von dem Kreisen um sich selbst, der Angst, zu kurz zu kommen oder das Leben zu verfehlen. Es ist deshalb kein Zufall, dass das Wort „Erlösung“ nur einmal aus dem Mund Jesu kommt - nämlich in der Bitte im Vaterunser „Erlöse uns von dem Bösen“.

Jesus geht es um das Böse hier und jetzt. Und weil es nun mal so ist, dass wir daran nicht ganz unbeteiligt sind, dass Böses entsteht, wirbt Jesus um Umkehr. Umkehr von der Sünde, vom Leben ohne Gott und der Schuld die daraus entsteht. Umkehr zum Leben. Seine Botschaft der Erlösung fasst Jesus so zusammen: "Das Reich Gottes ist in unmittelbare Nähe gerückt. Also kehrt um, ändert eure Einstellung, verlasst euch auf diese gute Nachricht."(Mk. 1,14-15).

Nach dem Zeugnis der Bibel ist der Tod der letzte Feind. Er ist der „Sold der Sünde“, das Zeichen der Entfremdung von Gott, der Quelle und Fülle des Lebens. Doch der harten Wirklichkeit des Todes setzt Gott die unzerstörbare Kraft seines Lebens entgegen. Durch Jesu Tod und Auferstehung ist das Urteil über den Tod gefällt. Hier kommt die Perspektive auf das Leben nach dem Tod wieder ins Spiel: für den christlichen Glauben ist der Tod das Ende der Lebensreise und der Durchgang zum ewigen Leben. Das ewige Leben ist zwar schon in unserem Leben hier auf der Erde gegenwärtig, aber noch nicht in seiner ganzen unbedrohten Fülle.
Wer glaubt, ist schon jetzt vom Tod zum Leben hinübergegangen.
Wer glaubt, ist darum in diesem Leben nicht nur vom Tod umfangen, sondern zugleich vom ewigen Leben Gottes erfüllt. Erlöst.

Wenn ich erlöst bin aus der Angst um mein eigenes Leben, kann ich mich für meine Mitmenschen öffnen. Ich kann das Meine dazu tun, dass auch sie Befreiung und Erlösung erfahren. Aus der Bibel lernen wir, dass diese Befreiung etwas sehr Konkretes ist. Es geht um Befreiung und Erlösung von krankmachenden, versklavenden Strukturen, um die Erlösung der Gemeinschaft also. Und es geht darum, dass der und die einzelne in ein gutes und heiles Verhältnis kommt zu sich selbst, zu den Mitmenschen und zu Gott.

ER-LÖST-LEBEN – Ostern 2021

Ein Bild voller Leichtigkeit an den Fassaden unserer Kirchen. Es passt zum Frühling.
Ein leichtes Wortspiel, das in die Tiefen des christlichen Glaubens führt.
Eine Kraft, die uns zum Leben hilft.
Eine Einladung zur Umkehr.
Eine Einladung zur Hoffnung auf Befreiung von allem, was das Leben einengt und belastet, endlich auch von der Pandemie.
Ein trotziges Signal zum Osterfest in schwieriger Zeit.
Erlösung.
Eine Einladung zum Leben.