Erster gemeinsamer Pfingstgottesdienst seit der Reformation

CASTROP-RAUXEL – „Wir gehören doch jetzt zusammen!“ So hat der katholische Pfarrer Winfried Grohsmann am Ende des Gottesdienstes am Pfingstsonntag die Frage beantwortet, ob Pfingsten jetzt immer gemeinsam gefeiert werden könne. Die Gottesdienstgemeinde reagierte mit spontanem und lang anhaltendem Applaus. Es war einer von vielen bewegenden Momenten im ersten Ökumenischen Gottesdienst an einem hohen Feiertag in der Castrop-Rauxeler St. Lambertus-Kirche seit der Reformation.

Die Zahl der Gottesdienstbesucher hatte alle Erwartungen übertroffen: Fast 500 katholische und evangelische Christinnen und Christen füllten den Kirchraum. Jugendliche beider Gemeinden trugen die Bibel der Evangelischen Lutherkirche hinein und legten sie auf den Altar von St. Lambertus. In der Liturgie wechselten sich Gesänge aus dem katholischen Gotteslob und moderne Anbetungslieder des evangelischen Gottesdienstes ab. Die Predigt hielt der im Herbst 2019 in den Ruhestand tretende Pfarrer Hans-Jürgen Knipp aus der Evangelischen Paulus-Kirchengemeinde. Zusammen mit seinem katholischen Kollegen Pfarrer Nobert Keller und einem großen Team von Ehrenamtlichen war er Mitinitiator eines „ökumenischen Frühlings“ in Castrop, der seit Ende der 80er Jahre zu einer engen geistlichen Verbundenheit beider Gemeinden geführt hatte. Im Jahr 1992 haben beide Gemeinden Pfingsten erstmals gemeinsam gefeiert. Sie feierten ihre Pfingstgottesdienste zwar getrennt, beendeten sie aber gemeinsamen auf dem Vorplatz einer der beiden Altstadtkirchen mit Liedern und der Bitte um den Heiligen Geist. Ein gemeinsamer Gottesdienst war vom katholischen Bistum bis zu diesem Jahr nicht erlaubt worden. Pfarrer Knipp erinnerte in seiner Predigt an den Anfang der ökumenischen Annäherung in Castrop und machte Hoffnung auf eine Zukunft, die von jüngeren Generationen im Heiligen Geist gestaltet werden könne.

Höhepunkt des Gottesdienstes war eine besondere liturgische Handlung: Auf den Stufen zum Altarraum lag ein neu gefertigtes Holzkreuz. Die Gottesdienstbesucher hatten zu Beginn des Gottesdienstes jeweils eine Keramikscherbe erhalten. Sie wurden von Pfarrer Arno Wittekind aufgefordert, diese gedanklich mit dem zu verbinden, was sie an Trennendem und Zerbrochenem in der Kirche erlebt haben. Im Anschluss an eine Zeit der Stille wurden die Scherben von allen Besucher in einer langen Prozession in das Holzkreuz gelegt. Die liturgische Handlung endete mit dem Lied „Komm, heile uns“ und dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis. „Die Handlung machte deutlich: Alles Trennende und Zerbrochene findet im Kreuz zueinander und wird verbunden“, so Wittekind. Aus der Handlung soll ein Kunstwerk entstehen. Mit Kunstharz ausgegossen werden Scherben und Kreuz zu einer Einheit präpariert. Das Kreuz soll so zu einer bleibenden Erinnerung an das ökumenische Pfingstfest 2019. AW