Die Rolle des Wassers im seelischen Erleben

HERNE – „Wasser – Quell des Lebens, Spiegel der Seele“: So lautete der Titel eines Konzertes, das am 7. März in der Christuskirche der Petrus-Kirchengemeinde Herne stattgefunden hat. Zu Gast war das „Monteverdi-Ensemble Witten“ unter der Leitung von Susanne Schlegel, Altistin und Dozentin an der Musikhochschule in Siegen. Außerdem waren Lydia Schlegel (Violoncello) und Felix Feßke (Marimbaphon und Vibraphon) aus Münster mit eigenen Bearbeitungen zu hören. In A-Cappella-Sätzen von der Barockzeit bis in die Gegenwart ging es um Geschichten, die sich an Flüssen oder am Meer abspielten und von Freude oder Leid handelten und aufzeigten, welch eine wesentliche Rolle das Urelement Wasser im seelischen Erleben des Menschen spielt.

„Alla riva del tebro“ („Am Ufer des Tiber“) von Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525-1594), mit dem das Programm begann, schildert einen schönen, liebeskranken Jüngling, der am Ufer des Tiber sitzt und sein Leid beklagt. Bei Claudio Monteverdis (1567-1643) wunderbar-beseligter Naturschilderung im Madrigal „Ecco mormorar l’onde“ („Sieh, es murmeln die Wellen“) konnte man das Meer rauschen hören und einen herrlichen Sonnenaufgang erleben.

Es war eine gute Idee, vor den einzelnen Musikstücken die Texte auf Deutsch vorlesen zu lassen, sodass die Tonmalereien besser zu verstehen waren, z. B. das Murmeln der Wellen, das Monteverdi mit einem Deklamieren des Textes auf einer Tonhöhe darstellt, das von Stimme zu Stimme wandert, um so das Immerwährende des Meerrauschens zu beschreiben.

Im „Schilflied“ von Fanny Hensel-Mendelssohn (1805-1847), der mindestens ebenso begabten Schwester Felix Mendelssohn Barholdys, wird ein Sonnenuntergang an einem Teich besungen, ein Spiegel für das erlebte Leid, bis der aufgehende Abendstern mit seinem Strahlen Hoffnung schenkt.

Auch in der ersten Instrumentalmusik ging es um Leid: Im „Chant triste“ für Klavier von Anton Stepanowitsch Arensky (1861-1906), bearbeitet von Lydia Schlegel und Felix Feßke, sang das Cello ergreifend von erlittenem, Tränen auslösenden Schmerz. Die Kombination Violoncello und Vibraphon passte sehr gut zusammen, zumal das Vibraphon weich anzuschlagen geht und die Lautstärke wie das Klavier verändern kann. Anton Stepanowitsch Arenskys Schaffen ist wenig bekannt, war gegen die westliche Musik gerichtet, folgte im Stil Tschaikowskys Musik und war konsequent emotional.

Auf dem Programm standen auch vertraute Volkslieder, und es tat gut, diese einfachen Lieder so klangschön und natürlich zu hören. Zunächst ging es um die Sage der Loreley am Rhein von Friedrich Silcher (1789-1860), nach einem Text von Heinrich Heine vertont, in der ein Schiffer den Reizen und dem Gesang der Loreley erliegt, auf einen Felsen fährt und ertrinkt. Mit „Wenn alle Brünnlein fließen“ hatte sich der Chor einen Scherz erlaubt und anlässlich des Frauentags oder der allgemeinen Genderthematik statt eines geliebten Mädchens einen geliebten Knaben besungen.

Es folgten vier Stücke von Ralph Vaughan Williams (1862-1958), einem englischen Komponisten und Dirigenten, der sich schon früh mit englischen Volksliedern beschäftigt hat. Die aus seiner Sammlung „Five English Folksongs“ von 1913 stammenden Chorlieder erzählten Szenen aus dem Leben von jungen Seeleuten und betörten mit ihrer Klangschönheit und den sehr variablen Textausdeutungen. In „The darkeyed sailor“ (Der dunkeläugige Seemann“) geht es beispielsweise um ein Mädchen, das allein spazieren geht und einen Seemann trifft, dem es tränenreich vom Verlust seines Geliebten erzählt, und das anschließend erleben darf, dass dieser ihre zurückgekehrte große Liebe ist, sodass sie endlich heiraten können und sich so bestätigt, dass Treue sich lohnt.

Das zweite Instrumentalstück an diesem Abend war eine Bearbeitung für Marimbaphon und Violoncello von „The snow is dancing“ aus Claude Debussys Klavierzyklus „Children’s Corner“. Es war eine Wonne, das virtuose Musizieren mit vier Schlägeln auf dem relativ großen Schlaginstrument aus der Nähe zu erleben, das so zart das Schweben der Flocken ausdrückte, mit einzelnen Cellotönen bedeutsam ergänzt. Das begeisterte Publikum wurde mit zwei Volksliedern als Zugabe belohnt, darunter „Der Mond ist aufgegangen“, bei dem ganz sachte mitgesungen wurde.