Kirchensteuer

Achtung: Gebührenfreies Kirchensteuertelefon - auch zum "besonderen Kirchgeld" - der westfälischen Kirche (EKvW): 0800 - 354 72 43
Offen gesagt: In den meisten Ländern der Erde finanzieren sich die christlichen Kirchen nicht durch Kirchen-"Steuern", sondern auf vielerlei anderen Wegen. Etwa durch häufige Spendenappelle an die Mitglieder (vor allem an die begüterten), durch Erlöse aus Grundbesitz oder durch den Verkauf von Kerzen oder Heiligenbildern. Denn Geld braucht jede Kirche, wie sparsam sie auch wirtschaftet. Bei uns tragen diejenigen Mitglieder der großen Kirchen, die steuerpflichtig sind, mit ihrer Kirchensteuer finanziell zum Leben ihrer Kirche bei. 
Die Last verteilt sich damit auf viele Schultern, einigermaßen tragbar und einigermaßen gerecht. Das System der Kirchensteuer ist der Versuch, Mitgliedsbeiträge nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Mitglieder zu staffeln, darum die prozentuale Ankoppelung an die Lohn- und Einkommensteuer. Der prozentuale Zuschlag zu den staatlichen Lohn- und Einkommensteuern beträgt in Westfalen wie in den meisten deutschen Kirchen neun Prozent. Wer also z. B. im Monat 500 Euro zahlen muss, zahlt 45 Euro Kirchensteuer, egal, ob er evangelisch oder katholisch ist. Zuschläge wie der "Solidaritätszuschlag" werden für die Berechnung der Kirchensteuer außer acht gelassen, von ihnen profitiert die Kirche also nicht. Für die Kirchensteuer gibt es (wegen der "Progression" der Einkommensteuer) eine Obergrenze: Mehr als vier Prozent seines zu versteuernden Einkommens soll in Westfalen niemand zahlen müssen.

Wichtig zu wissen: Die Finanzämter überweisen die von ihnen einbehaltene Kirchensteuer global als Gesamtsumme, damit auch anonym. Die Kirche weiß also nicht, wie viel der einzelne an Kirchensteuer zahlt, niemand kann Rückschlüsse auf die Höhe des jeweiligen Einkommens ziehen. Das System der Kirchensteuer ist nicht ohne Probleme. Weil z. B. der Anteil der alten Menschen in der Gesellschaft und in der Kirche ständig wächst (und Rentner zahlen bisher in der Regel keine Steuern), nimmt die Zahl derer, die tatsächlich auch Kirchensteuern zahlen, entsprechend ab. Außerdem sind die Kirchen mit ihrer Haupteinnahmequelle auf Gedeih und Verderb von Entscheidungen der staatlichen Finanz- und Steuerpolitik abhängig. Senkt der Staat bei einer Steuerreform die direkten Steuern (und das hat er bisher immer getan), dann brechen den Kirchen in erheblichem Umfang die Einnahmen weg - während der Staat sich fehlende Einnahmen durch Erhöhung anderer indirekter Steuern (etwa der Mehrwertsteuer) zurückholen kann.

Dass die Höhe der jährlich eingehenden Kirchensteuer darüber hinaus stark von der Konjunktur, von der wirtschaftlichen Lage und der Zahl der Arbeitslosen abhängt, mag den kirchlichen Finanzverantwortlichen Sorgenfalten bereiten, ist aber eigentlich nicht unangemessen: Die Kirchen bleiben angekoppelt an das Auf und Ab des gesellschaftlichen Wohlstandes. Bei aller - auch von außen immer wieder vorgebrachten - Kritik darf man die Vorteile des deutschen Kirchensteuersystems nicht übersehen. Es ist verhältnismäßig einfach und unbürokratisch, es verteilt die Lasten immer noch auf viele Schultern und hält die Kirchen unabhängig vom Wohlwollen (oder dem Gegenteil) einzelner zahlungskräftiger Mitglieder. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass es die allermeisten Mitglieder auch nicht über Gebühr belastet (zwei Drittel der westfälischen Kirchensteuerzahler zahlen im Monat nicht mehr als 50 Euro!), es gibt Planungssicherheit und hilft damit zur Verlässlichkeit der kirchlichen Arbeit.
Die Kirchensteuer hat natürlich historische Wurzeln. In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts bekamen Kirchengemeinden per Gesetz das Recht, "Kirchensteuern" zu erheben: Ziel war die finanzielle Unabhängigkeit der Kirchen, die bis dahin ja auf vielfältige Weise direkt vom Staat finanziert wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg, als es vorbei war mit der engen Verbindung von "Thron und Altar" in Deutschland, wurde dieses Recht in die Verfassung der Weimarer Republik aufgenommen. Heute ist es im Grundgesetz verankert.
Übrigens: Die Tatsache, dass der Staat durch seine Finanzämter die Kirchensteuer einzieht, ist keineswegs ein Beweis für eine unangemessene Verquickung von Staat und Kirche. Es ist der einfachste und kostensparendste Weg, für den die Kirchen Verträge mit den Finanzbehörden der Bundesländer abgeschlossen haben und für den sie auch durchaus angemessen bezahlen. Etwa drei Prozent der eingehenden Kirchensteuern bleiben in den Kassen der Finanzämter. Das aber ist allemal viel preiswerter, als wenn die verschiedenen Kirchen für diese Aufgabe jeweils eigene aufwendige Verwaltungsapparate aufbauen müssten. Unter dem Strich: Wer zahlt schon gerne Steuern? Aber beim zweiten Nachdenken wird jedem klar, dass es ganz ohne nicht geht. Und dass Kirchenmitglieder auch mit einem finanziellen Beitrag zum Leben ihrer Kirche beitragen, ist ebenso normal und plausibel.